Interview mit Hanna Kritikos von Lylium

Lylium ist das deutsche „Beyond Skin“ – schicke, vegane Damenschuhe aus einer Herstellung in Handarbeit mit hohem Recyclinganteil.

Diana Heit von Vegane-Beratung.com hat für Sie ein Interview mit Hanna Kritikos, der Inhaberin von Lylium geführt.

Warum Billigschuhe aus Synthetik nicht unbedingt vegan sind, was einen veganen Schuh ausmacht, die Vorteile veganer Materialien und – besonders wichtig – was wir als Konsumenten tun können, um vegane Arbeitsplätze zu schaffen.

Diana Heit: Hanna, du bist Inhaberin des neuen Labels “Lylium”, das auf vegane Damenschuhe spezialisiert ist. Warum sind dir persönlich vegane Schuhe so wichtig?

Hanna Kritikos: Ich bin seit 20 Jahren Vegetarierin, weil ich nicht will, dass Tiere leiden müssen. Bei Schuhen und Bekleidung ergibt sich für mich daraus automatisch die Suche nach veganen Artikeln. Doch leider ist das Angebot an veganen Schuhen insbesondere in Deutschland sehr klein und oft nicht besonders modern.

Zwar sind „Billigschuhe“ auch oft nicht aus Leder, aber diese sind meistens schlechte Qualität und man weiß auch nicht, ob diese dann letztlich im Detail auch keine tierischen Bestandteile (wie z.B. Klebstoffe, Zutaten zum Kunstleder etc.) enthalten oder einfach nur nicht aus Leder sind. Deswegen entstand bei mir irgendwann die Idee, selber vegane Schuhe zu entwickeln und zu verkaufen.

Diana Heit: Was macht einen Schuh vegan?

Hanna Kritikos: Alle Bestandteile müssen vegan sein, das heißt es reicht nicht, wenn die Schuhe aus Kunstleder sind, sondern auch die anderen, nicht auf den ersten Blick sichtbaren Materialien wie z.B. Kleber dürfen keine tierischen Bestandteile enthalten.

Diana Heit: Die meisten Leute denken bei veganen Schuhen an Jesus-Latschen und irgendwelche Turnschuhe aus Plastik, von denen man Schweißfüße kriegen würde, da sie ja aus Kunststoff bzw. Synthetikfasern seien. Was sagst du zu diesen Vorurteilen?

Hanna Kritikos: Es gibt inzwischen einige vegane Schuhe, die sowohl modern als auch atmungsaktiv sind – teils deutlich besser als Schuhe aus Leder. Ein sehr bekanntes Beispiel für solche Materialien ist GoreTex. Da die Nachfrage nach veganen Schuhen in den letzten Jahren stark zugenommen hat, wurde natürlich speziell in dieser Richtung viel weiterentwickelt – in anderen Worten: Kunststoffe lassen sich weiterentwickeln, Leder nicht.

Diana Heit: Das erste, das mir auf Lyliums Website und online Shop auffällt ist, dass eure Schuhe durchaus bezahlbar sind. Zwischen 59 und 89 Euro kosten dort derzeit alle Modelle. Wie kommt ihr zu so relativ günstigen Preisen für vegane Schuhe?

Hanna Kritikos: Die günstigen Preise können wir anbieten, da wir die nicht produktionsbedingten Kosten versuchen soweit es geht zu senken. Das heißt z.B. Reduzierung der Transportkosten, was sich außerdem positiv auf die Umwelt auswirkt, Reduzierung der Lagerkosten durch Optimierung der Lagerfläche, schlanke Verwaltungsstrukturen. Bei der Produktion dagegen sparen wir nicht, da es uns wichtig ist Qualität und Sozialstandards sicherzustellen.

Diana Heit: Was bedeutet Lylium?

Hanna Kritikos: Lylium leitet sich ab aus dem lateinischen Begriff für Lilie. Deswegen ist auch das Logo von Lylium eine stilisierte Lilie.

Diana Heit: Schuhe von Lylium sind ziemlich schick. Wer ist eure Zielgruppe?

Hanna Kritikos: Wir machen Schuhe für Frauen, die gleichzeitig für den Alltag, den Beruf und auch für etwas schickere Anlässe geeignete Schuhe brauchen – genau für die Bereiche, für die es erstaunlicherweise sehr wenig Angebot an veganen Schuhen gibt. Darüber hinaus achten wir bei der Entwicklung der Schuhe aber nicht nur darauf, dass die Schuhe gut aussehen sondern auch bequem sind, und das auch bei höheren Absätzen.

Diana Heit: Wie läuft die Produktion bei euch ab? Wer macht die Schuhe?

Hanna Kritikos: Die Schuhe werden hauptsächlich in Handarbeit gefertigt.

Diana Heit: Gibt es Besonderheiten bei veganen Schuhen in der Produktion? Sind lederähnliche Materialien schwieriger zu bearbeiten als Leder oder gibt es sonst irgendwelche Dinge, bei denen sich der Schudesigner und -macher umstellen müssen?

Hanna Kritikos: Eigentlich nicht. Es sind ganz andere Dinge zu beachten, als bei Lederschuhen – wir haben lange gebraucht, um das Know-How aufzubauen und den jeweils optimalen Umgang mit den Materialien herauszufinden – und natürlich bei den Recherchen und Versuchen auch etwas Lehrgeld bezahlt.

Diana Heit: Achtet Lylium auf recycelbare Materialien bzw. stellt Lylium Schuhe zu Anteilen aus recyceltem Material her?

Hanna Kritikos: Ja, beides. Zum einen sind die meisten Bestandteile der Schuhe recycelbar zum anderen sind ein paar unserer Modelle auch aus recyceltem Material hergestellt. Wir versuchen vermehrt solche Materialien zu verwenden, wo immer es sinnvoll möglich ist. Für uns gehört der verantwortungsvolle Umgang mit der Umwelt auch zum Grundgedanken des Unternehmens.

Diana Heit: Gibt es Lylium-Schuhe derzeit sonst noch irgendwo zu kaufen?

Hanna Kritikos: Ja, in Berlin bei Avesu, in Köln bei Vegane Zeiten und in München bei Radix. In diesen Läden besteht dann natürlich auch die Möglichkeit die Schuhe vor Ort anzuprobieren.

Diana Heit: Wenn einem Käufer nun ein Lylium-Schuh kaputt geht, kann das von den Schuhmachern bei Lylium repariert werden bzw. würde es Schwierigkeiten geben, wenn man den Schuh von einem nicht-veganen Schuhmacher reparieren lassen würde?

Hanna Kritikos: Es kommt darauf an was kaputt ist. Viele Dinge können von gängigen Schuhmachern repariert werden – das Problem taucht hier eher darin auf, dass man nicht weiß, was in den zur Reparatur verwendeten Materialien enthalten ist. Bei einem nicht-veganen Schuhmacher muss man sich entsprechend erkundigen, welche Materialien er für die Reparatur benötigt und ob diese tierische Bestandteile enthalten.

Diana Heit: Es gibt sehr viele vegan lebende Menschen, die gerne in einem „veganen Beruf“ arbeiten würden, aber sich bislang mit irgendwelchen Kompromissen herumschlagen. Was würdest du anderen Veganerinnen und Veganern für die Berufswahl raten?

Hanna Kritikos: Die Anzahl an Arbeitsplätzen in veganen Unternehmen ist momentan noch sehr gering. Um das zu verändern ist es wichtig, soviel wie möglich rein vegane Unternehmen zu unterstützen. Das heißt z.B. statt Tofu im normalen Supermarkt zu kaufen es in einem veganen Laden zu kaufen oder Schuhe nicht einfach nur aus Kunstleder bei einem Billigschuhladen zu kaufen sondern Schuhe von einem veganen Schuhlabel, die dann auch zu 100% vegan sind.

Dadurch werden Unternehmen gefördert, die sich auf vegane Produkte spezialisiert haben und dementsprechend entstehen in diesen Unternehmen auch zusätzliche Arbeitsplätze. Ist es jemandem nicht möglich in einem veganen Unternehmen zu arbeiten kann man wenigstens versuchen auf „sanfte Weise“ den Tierschutz in diesem Unternehmen zu verbessern. Beispielsweise indem man sich dafür einsetzt, dass die Kantine mehr vegane Gerichte anbietet.

Diana Heit: Auf Lyliums Website steht: „Tierschutz ist kein Trend, sondern eine Einstellung.“ Was bedeutet für dich Tierschutz und was wünschst du dir für die Zukunft der Welt?

Hanna Kritikos: Für mich sind Tiere einfach sehr viel Wert. Dementsprechend bedeutet Tierschutz für mich, Tiere mit Respekt zu behandeln, sie nicht auszunutzen oder leiden zu lassen.

Leider sehen das die meisten Menschen anders, weswegen es meines Erachtens wichtig ist sich einerseits für Tiere einzusetzen und andererseits nicht-vegan lebende Menschen zu zeigen, dass man keine Abstriche in der Lebensqualität machen muss nur weil man keine tierischen Produkte verwendet.

Das denke ich ist bei vielen „Fleischfressern“ eins der Hauptprobleme; dass sie befürchten, auf etwas verzichten zu müssen, wenn sie aufhören die Augen davor zu verschließen wie in unserer Welt mit Tieren umgegangen wird.

Für die Zukunft der Welt wünsche ich mir, dass keine Tiere unter uns Menschen mehr leiden müssen, es keine Gewalt auch unter uns Menschen mehr gibt und dass wir aufhören unsere Umwelt systematisch zu zerstören. 

Diana Heit: Vielen Dank an Hanna Kritikos, Inhaberin von Lylium für dieses Interview.