Katzen und Taurin – ein scheinbar weites Feld, denn kaum ein Artikel stellt Taurin als das dar, was es ist.
In diversen Online-Publikationen tauchen immer wieder schlecht recherchierte Artikel über die vegane Katzenernährung im Allgemeinen und Taurin im Besonderen auf. Dabei wird in verschiedenen Varianten behauptet:
„Katzen sind ‚obligatorische Fleischfresser‘. Sie müssen Fleisch essen, da nur in Fleisch alle essentiellen Aminosäuren vorkommen. Ein Beispiel ist Taurin. Daher muss man, wenn man eine Katze vegan ernährt, Aminosäuren, vor allem Taurin, supplementieren.“
In etwa (!) so wurde die Taurinproblematik dargestellt auf OneGreenPlanet.org (Artikel wurde mittlerweile gelöscht oder verschoben; auch der vorliegende Artikel wird demnächst überarbeitet, Stand: Januar 2014) und ich nahm dies zum Anlass für den vorliegenden Eintrag
OneGreenPlanet.org dient hier nur als Beispiel und ist dabei nicht die einzige Online-Publikation, die Taurin mit Aminosäuren in einen Topf wirft und dadurch (vielleicht nicht einmal willentlich) die verallgemeinernde Aussage unterstützt, dass für Katzen essentielle Aminosäuren nur in Fleisch vorkämen.
Der Artikel in dieser Publikation ist dabei noch relativ informativ und wahrheitsgetreu. Ein paar Dinge über Katzen und Taurin könnten aber richtiger dargestellt werden.
Was ist Taurin?
- Taurin ist ein Abbauprodukt aus den Aminosäuren Cystein und Methionin.
- Taurin ist selbst keine Aminosäure, da ihr die Carboxylgruppe fehlt.
- Taurin ist eine Aminosulfonsäure.
- Selbst wenn man Taurin umgangsprachlich (und chemisch inkorrekt) als Aminosäure bezeichnen will, ist es schlichtweg falsch, zu behaupten, für Katzen essentielle Aminosäuren kämen nur tierisch vor, denn die Aminosäuren Cystein und Methionin, sowie alle anderen für Hunde und Katzen essentiellen Aminosäuren kommen in pflanzlichen Nahrungsmitteln reichlich vor.
- Aminosäuren sind also kein Problem, Taurin aber schon (und dann ist es doch wieder keins, da es sich leicht supplementieren lässt, siehe unten).
Warum brauchen Katzen eine Ergänzung mit Taurin?
- Katzen können Taurin nicht in ausreichendem Maße aus den Aminosäuren Cystein und Methionin biosynthetisieren, da sie einen wesentlich höheren Bedarf an Taurin als zum Beispiel Hunde haben.
- Auch konventionell (d.h. mit Fleisch) ernährte Katzen leiden oft an einem zu spät erkannten Taurinmangel.
- Taurin kommt in natürlicher Weise in Ochsengalle und anderen Organgeweben wie Augäpfeln vor. Nun besteht konventionelles Katzenfutter aber nicht nur aus taurinreichem Organgewebe.
- Konventionelles, auf Fleisch basierendes Katzenfutter, das nicht mit Taurin ergänzt wird, kann genauso wie veganes Katzenfutter, das kein Taurin enthält, sehr schnell zu lebensbedrohlichen Mangelerscheinungen führen.
Wie äußert sich Taurinmangel bei Katzen?
Taurinmangel führt bei Katzen zu:
- Herzmuskelschwäche
- Netzhautdegeneration bis zur Blindheit
- Schwäche des Immunsystems, was die sogenannte Katzenseuche (Panleukopenie), Katzenschnupfen und das Immundefizienzsyndrom der Katzen („FAIDS“) begünstigen kann
- Wachstumsstörungen bei Katzenwelpen, Wirbelsäulenfehlbildung und vermindertes oder verlangsamtes Wachstum
- Reproduktionsstörungen, vor allem bei weiblichen Katzen
Mit Taurin ist also nicht zu spaßen. Taurin muss unbedingt in der veganen Katzenernährung supplementiert werden bzw. im fertig gekauften Futter enthalten sein.
Auch konventionelles, fleischhaltiges Futter enthält aufgrund dieser besonderen Wichtigkeit für Katzen zugesetztes, synthetisches Taurin.
Synthetisches Taurin
Taurin wird bereits seit 1920 (!) auf rein chemischem Wege industriell hergestellt.
Auch beim Taurin in diversen „Energy Drinks“ für Menschen handelt es sich um chemisch synthetisiertes Taurin, und nicht etwa um aus Ochsengalle oder anderen Organgeweben extrahiertes.
Die Molekülstruktur von Taurin ist, im Gegensatz zu der von Vitamin B12
– diversen Cobalaminen – relativ simpel. (B12 kann erst seit 1972 chemisch synthetisiert werden.)
Synthetisches Taurin ohne Tierleid ist dem natürlich vorkommenden nicht unterlegen.
Das wird am besten durch die Tatsache bewiesen, dass Katzen, die über lange Zeit und teilweise ihr Leben lang mit entsprechend ergänztem, veganem Katzenfutter ernährt wurden, keinen Taurinmangel aufweisen.
Siehe auch: „Obligate Carnivore“ von James Gillen
sowie „Vegetarische Hunde- und Katzenernährung“ von James Peden.
Fazit: Katzen und Taurin
Katzen haben einen absolut essentiellen Bedarf an Taurin, der nicht vernachlässigt werden darf.
Es kann noch viel beim bislang erhältlichen veganen oder nicht veganem Katzenfutter (und auch beim Hundefutter) verbessert werden, doch die heutzutage erhältlichen veganen Katzenfutter legen auf Taurinzusatz großen Wert.
Daher ist die Taurinversorgung in der veganen Katzenernährung eines der geringsten Probleme überhaupt.
Das größte Problem in der veganen Katzenernährung ist nicht Taurin und sind erst recht nicht Aminosäuren (nochmal: Taurin ist keine Aminosäure, siehe oben), sondern die insgesamte Verträglichkeit des Futters für alle Katzen sowie die Akzeptanz des Futters durch Katzen
– und Menschen.
Doch selbst in diesen Punkten ist das bereits erhältliche Futter gar nicht so übel, wie Kritiker behaupten.